XBox Review: Deathchron im Test (XBox One/XBox Series)

Auf die Coolness von Ninjas habe ich in diesem Blog bereits mehrfach (und in der Regeln nicht ganz ernst gemeint 😉 ) verwiesen. DiesbezĂŒglich stehen ihnen Mechs, Mechas und Mobile Suits aber in kaum etwas nach (man möge mir die Unkenntnis der Feinheiten zwischen diesen Bezeichnungen verzeihen). Dementsprechend ist die Wahl eines pilotengesteuerten Kampfroboters als Protagonisten in Crescent Moons neuestem 8Bit Actionplattformer Deathchron, fĂŒr dessen XBox Version mir Publischer Ratalaika Games freundlicherweise einen Code hat zukommen lassen, zunĂ€chst einmal grundsĂ€tzlich zu begrĂŒĂŸen. Zudem steckt das sich sehr streng an klassische NES-Titel orientierende Spiel statt eines schlachterprobten Soldaten einen einfachen Jungen in die schwerbewaffnete CyberrĂŒstung, um eine alternative RealitĂ€t vor Außerirdischen Invasoren zu schĂŒtzen, und greift damit die „Kind rettet mit Hilfe von futuristischer Technologie die Welt“-Fantasie auf, die wohl alle, die in den 80ern aufgewachsen sind, gehabt haben dĂŒrften und die in Filmen wie The Last Starfighter oder Der Flug des Navigators verewigt wurden. Durch die Möglichkeit, den Mech jederzeit auf Knopfdruck zu verlassen, ist spielerisch eine klare Aufgabenverteilung gewĂ€hrleistet: der gepanzerte Gefechtsanzug, der auch ein paar wenige Treffer einstecken kann, ist fĂŒr das Ballern und die meisten HĂŒpfpassagen zustĂ€ndig, wĂ€hrend der fragile Heranwachsende Leitern erklimmen, Konsolen und Schalter betĂ€tigen und RĂ€ume zum Einsammeln von SchlĂŒsselkarten betreten kann. Dadurch werden die eigentlich recht linearen Level etwas aufgelockert, wobei die Mensch-gesteuerten-Passagen nie zu harten KnobelnĂŒssen oder langen FußmĂ€rschen verkommen und man die meiste Zeit sowieso im Mechcockpit verbringt. Wer (wie ich) angesichts dieser Spielmechanik auf umfangreiche Search-Action in Stil des NES Klassikers Blaster Master gehofft hat, wird somit leider enttĂ€uscht, zumal sich das Kampffahrzeug gegen Zahlung einsammelbarer ZahnrĂ€der zwar mit etwas Zusatzenergie und Extrawaffen aufrĂŒsten lĂ€sst, aber keine neuen FĂ€higkeiten zur Erforschung der Umgebung bietet.

Deathchron

Hinsichtlich der PrĂ€sentation reicht Deathchron auf den ersten Eindruck durchaus an die Vorbilder der Vergangenheit heran: Die Chiptune-Musik ist energiegeladen und schmissig, auch wenn die wenigen StĂŒcke eher kurz sind und teils mehrfach verwendet werden, wĂ€hrend die Pixel-Grafik vor allem mit der krĂ€ftigen, farbenfroh eingeschrĂ€nkten Farbpalette und der traditionellen Gestaltung gekonnt den positiv-verklĂ€rten Eindruck eines authentischen Nintendo Entertainment System Spiels erweckt. Auch das Gegnerdesign ist dahingehend absolut akzeptabel, wenn auch nicht herausragend. Bei genauerem Hinsehen merkt man jedoch, dass hier wohl doch keine auf die EinschrĂ€nkungen alter Systeme oder zumindest auf pixelige 2D Plattformer optimierte Spieleengine am Werke ist, wenn beispielsweise zielsuchende Raketen zu flĂŒssig rotieren oder Eisblöcke mit sanftem Transparenzeffekt verschwinden. Das Ärgerliche daran sind die technischen Probleme, die dieser Unterbau anscheinend mit sich bringt: So hĂ€tte ich nie damit gerechnet, in einem Retro Actionplattformer die KamerafĂŒhrung zu bemĂ€ngeln, die mitunter allzu schnellen Bildschirmwechseln hinterherhinkt, die Spielfigur zu sehr an den Rand drĂ€ngt oder sie in seltenen FĂ€llen gleich außerhalb des sichtbaren Bereichs positioniert.  Auch mit der Simulation der in Retrospielen eigentlich nicht sonderlich komplexen physikalischen Interaktionen hat Deathchron gelegentlich zu kĂ€mpfen, beispielsweise, wenn oben genannte Eisblöcke zwar schmelzen und eine Passage nach unten freigeben sollten, man aber dennoch auf ihrer Ebene festhĂ€ngt und trotz recht direkter Steuerung eben nicht fĂ€llt. Zudem machten sich zumindest auf der XBox One S Slowdowns bemerkbar, die das Spieltempo mehr als einmal dramatisch reduzierten. Zwar waren in der Regel diese reproduzierbaren Passagen schnell vorbei, doch im obligatorischen Wald-Level kam der Spielfluss quasi dauerhaft zum erliegen. Das sorgt vor allem fĂŒr Missmut, wenn man sich vor Augen hĂ€lt, dass schon uralte Micro-Computer-Systeme, die vermutlich ĂŒber weniger Rechenleistung als die Scheibenwischersteuerung eines aktuellen E-Autos verfĂŒgen, teils bessere Performance bieten konnten. Aber auch außerhalb der Technik ist das Design von Deathchron zumindest zwiespĂ€ltig. Zu netten, durchaus Abwechslung bietenden Ideen gesellen sich gestalterische Patzer wie Sackgassen, die nicht mehr verlassen werden können, eine lĂ€cherlich dilettantische Shooter-Passage gegen Ende oder die fehlende Möglichkeit, einen (bereits bestrittenen) Level abzubrechen. Und warum gibt es im Auswahl-Bildschirm, der abgeschlossene Level nicht markiert, einen eigenen Ort zum AufrĂŒsten des Mechs, wenn dieses auch  jederzeit im Pause-MenĂŒ möglich ist? Dabei ist der Umfang des Spiel auch mit dieser Basis nicht wirklich ĂŒppig: FĂŒnf genretyische und nicht zu kurze, nicht zu lange Umgebungen wollen durchschritten und ihre Bosse besiegt werden. Die wenigen Checkpunkte sind dabei zwar so weit auseinander verteilt, dass man beim Scheitern einige Passagen wieder und wieder bestreiten muss, der Frust darĂŒber hielt sich aber erstaunlicherweise in Grenzen, wohl auch, weil dann eben doch auf das klassische Element der begrenzten Leben und damit verbunden der Notwendigkeit, einen Level oder gar das ganze Spiel von Anfang an neu bestreiten zu mĂŒssen, verzichtet wurde. DarĂŒber hinaus hĂ€lt sich der Schwierigkeitsgrad gerade im Vergleich zu so manch anderem Retro-Game in Grenzen, ohne ins triviale abzugleiten.

Eine wirkliche Kaufentscheidung (knapp 5EUR) kann somit leider dennoch nicht fĂŒr Deathchron ausgesprochen werden, obwohl ich mitunter durchaus Spaß beim Durchspielen hatte. Selbst wenn die technischen Probleme und Bugs noch ausgemerzt werden wĂŒrden oder auf anderen Systemen gar nicht erst auftreten, wirkt der Titel dennoch in einigen Aspekten unfertig und unausgegoren. Das ist wirklich schade, merkt man Deathchron doch durchaus  sein Potential als unterhaltsame und abwechslungsreiche Retro-Hommage an, das es mit etwas mehr Feinschliff, QualitĂ€tssicherung und/oder technischer Expertise hĂ€tte entfalten können.

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