Beim Durchstöbern der Rubrik der kostenlosen Spiele im Xbox Store weckte der Trailer des unlängst hinzugefügten Starlit Adventures zwar durchaus Interesse, aber geringe Erwartungen. Das Werbefilmchen zeigte ein familienfreundliches Spiel, in dem viel „gegraben“ wurde und das ich unwillkürlich mit Mr. Driller assoziierte – einer Serie, mit der ich nur wenig anfangen kann. Zudem erschien das arg schmale Layout verdächtig konsolenuntypisch und die allgegenwärtigen Edelsteine erinnerten eher an ein Spiel aus dem Generator für Match-3-Casualgames oder an einem TV-Spot für ein Online-Casino.
Und tatsächlich ist Starlit Adventures die Portierung eines Mobile-Spiels, dass bereits 2015 auf Apple und Android-Geräten erschienen ist. Zum Glück ist aber (auch) die Konsolenvariante trotz einiger Microtransaktionen weder eine abgespeckte Demo noch ein Free-to-Play Groschengrab, das erst nach Einwurf von Münzen sein wahres Potential entfaltet, sondern ein kompletter Arcade-Titel voller Spielspaß, der Elemente von Klassikern wie Bolder Dash, Rainbow Island, Solomons Key oder der Kirby-Reihe aufgreift. In bester Spielhallentradition gibt es für die Hintergrundstory, die das Duo Bo und Kikki auf die Jagd nach von einem Monster gestohlenen Sternen schickt, ein gerade mal gut 30-sekündiges Intro, das nicht einmal die Frage genau beantwortet, ob Kikki nun das knuffige Menschlein im Sattel oder das Reittier ist, das etwas verstörend wie eine Kreuzung aus Maulwurf, Koalabär, Sternmull und den besessenen Kindern aus „Dorf der Verdammten“ daherkommt. Simples Ziel der beiden ist es, in den schlauchartigen, vertikal scrollenden Leveln den Ausgang am unteren Ende zu erreichen und dabei so viele Punkte und Juwelen wie möglich sowie die eingangs erwähnten Sterne einzusammeln. Auf dem Weg dorthin gilt es, geschickt die Schwerkraft zu nutzen und so von Plattformen zu hüpfen, durch lose Erde zu graben, Blöcke zu verschieben und Gegnern, die sich in simplen Mustern bewegen, per Sprung auf den Kopf oder sonstigen Angriffen der Garaus zu machen. Dass die Eingaben dabei im Vergleich zu klassischen Jump-n-Runs etwas träge verarbeitet werden ist nur bedingt den mobilen Wurzeln geschuldet, denn Starlit Adventures versteht sich zumindest teilweise auch als Puzzlespiel, indem es die Bewegungsmöglichkeiten an den gitterartigen Aufbau der Spielfläche koppelt und damit beispielsweise die Sprunghöhe auf exakt einen Block beschränkt, womit die Charaktere ihre Aktionen stets wohlpositioniert beenden. Mit Tasten zur Navigation sowie Sprung und Attacken ist die Handhabung dennoch komplex genug, dass sie wie geschaffen für einen Controller erscheint und für mich nur schwer auf Touch-Geräten vorstellbar ist. Hat man nach kurzer Zeit die Steuerung verinnerlicht, weiß man Einschränkungen schnell zu schätzen, macht sie das Spielgeschehen doch sehr viel vorhersehbarer und weniger frustrierend, ohne dass komplett auf Geschicklichkeitselemente verzichtet wird. So finden sich trotz des eingeschränkt verfügbaren Platzes immer wieder clevere Rätsel-Konstellationen, deren Lösungen vielleicht nicht gerade nobelpreisverdächtig sind, die aber dennoch für angenehme Auflockerung sorgen, indem die nächsten Schritte etwas genauer überlegt werden müssen, um sich z.B. durch eine selbst ausgehobene Grube nicht den Zugang zu einem besonders fetten Klunker zu verbauen. Darüber hinaus gelingt es dem brasilianischen Entwickler Rockhead Studio in der 64 Level umfassenden Kampagne durch stete Einführung neuer Elemente und Hindernissen den Spannungsbogen aufrecht zu halten. Sind die frühen Level praktisch ein Spaziergang, auf dem man nur überlegen muss, wie man die maximale Punktzahl ergattert, sorgen später Stachelfallen, Lavaströme oder in Flammen stehende Gegner, die nicht mehr durch direkten Kontakt ausgeschaltet werden können, für Anspruch, ohne dabei unfair zu werden. Gleiches gilt für die Bosskämpfe, die nach jeweils 8 Abschnitten anstehen und in ihren späteren Ausprägungen zur Abwechslung auch mal Senso-Spielmechaniken einstreuen. Wäre Starlit Adventures nicht ohnehin dank verschiedener Highscorelisten und vieler weiterer kleinen Ideen wie einem Kombosystem, das schnelles oder kreatives Beseitigen von Bösewichten belohnt, ein Titel mit hohem Wiederspielwert, sorgen verschiedene wählbare Outfits schließlich dafür, dass bei einzelnen Anläufen wortwörtlich gänzlich neue Wege gegangen werden können:
Mit dem Elektrokostüm lassen sich nicht nur größere Ansammlungen von Widersachern auf einmal zappen, sondern auch Metallquader heranziehen, während der Taucheranzug genügend Luftvorrat für unbegrenzte Unterwasserausflüge mit sich bringt und dank Blubberblase sogar den ansonsten verwehten Aufstieg im Level möglich macht. Meinen infantilen Humor trifft währenddessen die Feuer-Furz-Verkleidung, mit der sich auch massivere Felsbrocken zerbröseln lassen, in denen die eine oder andere Überraschung wartet. Diese Kostüme sind dann schließlich auch einer der wenigen Free-to-Play Ansatzpunkte des Titels, denn acht von ihnen müssen erst mit Münzen freigeschaltet werden, die man entweder im Spiel selber sammelt oder käuflich erwirbt, während die letzten 3 Kleidungsstücke ausschließlich für momentan je 4,49 EUR erstanden werden können. Daneben lassen sich die Münzen auch in Stickerpacks, von denen sich ebenfalls eines in jedem Abschnitt verbirgt, investieren, um ein panini-ähnliches Album zu komplettieren, oder für Continues nach dem Ableben ausgeben. Letzteres hört sich zwar nach der klassischen fragwürdigen F2P Masche an, aber zumindest die erste Fortführung des Spiels ist jeweils kostenlos, und da sich die Level in wenigen Minuten beenden lassen, empfinde ich sowieso den Neustart stets als die ehrenvollere Lösung. Insgesamt gestaltet sich die Monetarisierung von Starlit Adventures sehr fair, zumal es die Spielmarken auch für regelmäßiges starten des Programms und bei Stufenaufstieg eines zentralen Ranking-Scores gibt, in den jeder erspielte Punkt einfließt. Somit sind weitestgehend alle Inhalte erreichbar, ohne einen einzigen Cent ausgeben zu müssen. Denn neben der Story-Spielvariante gibt es noch einen Endlos-Modus, der stets neue, zufällig aus vorgefertigten Elementen generierte Schächte erzeugt, die es unter ständigem Wechseln der Ausrüstung zu meistern gilt, und diverse Herausforderungen. Dieses sind entweder Passagen, die sich ausschließlich mit einem vorgegebenen Anzug bezwingen lassen, oder gegnerreichere Remixes der Kampagne, wodurch der Umfang des Spiels ein stattliches Ausmaß erreicht.
Bei der audiovisuelle Präsentation kann Starlit Adventures unglücklicherweise jedoch weder sein Alter noch seine mobile Herkunft verbergen, obwohl die unspektakulären Polygonmodelle und Umgebungsdesigns durch eine kunterbunte, niedliche Aufmachung durchaus etwas wettgemacht werden, vor allem da das Geschehen weitestgehend aus einer 2D Perspektive gezeigt wird. Wie sich dieser Stil eindrucksvoll einsetzen lässt, kann an vielen Nintendospielen studiert werden, wobei Starlit in Sachen Charme doch um einiges von Mario und Co entfernt ist und sich etwa hinter einem (nicht textilen) Kirby-Titel einreihen muss. Auch der Sound, der mal cartoonige, mal bombastische Orchesterklänge bietet, erscheint etwas beliebig. Das soll nun nicht heißen, dass das Spiel in Bezug auf Grafik oder Musik unattraktiv wäre, diesbezüglich aber dem hervoragenden Gameplay hinterherhinkt und in der glattgeschliffenen, etwas biederen Präsentation eines „pädagogisch wertvollen“ Vorschulcartoons im Morgenprogramm des Kinderkanals daherkommt. Ebenso wenig wie die kleineren Schönheitsfehler, die das Spiel beispielsweise in Form von falsch umgebrochene deutsche Bezeichnungen oder einer nicht ganz optimale Menüsteuerung durchaus hat, sollte das aber niemanden davon abhalten, einen Blick auf das Starlit Adventures zu werfen. Ich für meinen Teil hatte (und habe) mit mit dem kleinen Arcade-Abenteuer dermaßen viel Spaß wie mit kaum einem anderen XBox One Titel. Denn anders als bei riesigen, überdesignten Spielwelten konnten hier praktisch alle Interaktionsmöglichkeiten bis ins kleinste Detail aufeinander abgestimmt und verdichtet werden und bieten so die perfekt ausgewogene Mischung aus entspanntem Zocken und Herausforderung, die allenfalls noch durch einen (wenig wahrscheinlichen) Editor nebst Community-getriebenen Levelmarktplatz zu toppen wäre.