3DS Review: Power Disc Slam
geschrieben am 10.08.2016
Üblicherweise trifft man auf Frisbeescheiben beim sommerlichen Ausflug zum Strand, in den Stadtpark oder ins nächstgelegene Freibad, wo sie sich locker zugeworfen werden. Sportarten wie ultimate Frisbee oder Diskgolf versuchen allerdings darüber hinaus, die Plastikscheibe neben dem reinen Freizeitvergnügen auch als seriöses Sportgerät zu etablieren. Eine zumindest grundsätzlich ähnlichen Versuch unternahm auch Data East, als die Firma 1994 mit Windjammers ein Sportspiel für Arcademaschinen beziehungsweise die mit gleicher Hardware ausgestattete Edelkonsole Neo Geo auf den Markt brachte, in dem sich zwei Athleten in einer Mischung aus Tennis, Beachvolleyball und Pong den rund gepressten Kunststoff um die Ohren schlugen. Auf unterschiedlichen Spielfeldern galt es, die für einen Gewinn-Satz benötigten Punkte zu erlangen, indem entweder der Frisbee in der gegnerischen Hälfte für 2 Punkte zu Boden ging, oder eine der unterschiedlich markierten Endzonen für 3 oder 5 Punkte traf. Auch wenn Windjammers kein seltenes Neo Geo Modul war, dürfte schon alleine wegen der geringen Verbreitung der Konsole selbst der Titel nur wenigen Spielern etwas sagen. Anscheinend Grund genug für Indiestudio Chequered Cow Games, mit Power Disc Slam quasi ein Remake für den 3DS zu entwickeln, dass seit dem 28. Juli für happige 11,99 Euro im eShop erhältlich ist und für diesen Review freundlicherweise zur Verfügung gestellt wurde.
Auch ohne offizielle Lizenz oder eine 2 im Titel merkt man Power Disc Slam deutlich an, dass es sich Windjammers zum Vorbild genommen hat, doch leider scheint nicht nur die spielerische Inspiration aus der Mitte der 90er zu stammen. Sind die 3D-Modelle der 8 Stadien und ebenso vieler Sportler und Sportlerinnen aus aller Herren Länder technisch noch akzeptabel, sind die Wettkämpfer in ihrer Gestaltung doch absolut charmfrei und erinnern von Design her an belanglosen Figuren aus Samstag Vormittags Cartoons der Frühzeit des Privatfernsehens a la Captain Planet. Zwar unterscheiden sich die Charaktere in Attributen wie Kraft, Schnelligkeit oder Kontrolle, für den weiteren Spielverlauf hat Wahl jedoch trotz individuellem Specialmove weit weniger Auswirkungen als beispielsweise in einem Beat’em Up. Noch nicht einmal die auf der Entwicklerseite einsehbaren Biografien der profillosen Truppe haben es in das Spiel geschafft, dafür stehen im Selektionsbildschirm zwei Farbvarianten der generisch Ausrüstung und eine optionale Schutzbrille zur Individualisierung bereit. Wirklich peinlich wird es, wenn sich die Figuren in hampeligen Animationen und unnatürlichen Posen über das aus der Vogelperspektive gezeigte Spielfeld bewegen, die bereits auf einer Playstation 1 mittelmäßig gewesen wären. Passend dazu geben die Protagonisten dumpf gesampelte „stereotype“ Sprachfetzen in Landessprache oder Grunzer und Stöhner wie Monica Seles zu ihren besten Zeiten von sich, währen im Hintergrund stets die gleiche musikalische Untermalung vor sich hin düdelt.
All diese Mängel in der Präsentation wären noch verzeihlich, könnte der Titel zumindest mit spielerischen Finessen aufwarten, doch auch in diesem Bereich patzt Power Disc Slam. Vor allem die praktisch unverändert von Windjammers übernommene Steuerung gibt Anlass zur Kritik, obwohl (oder gerade weil?) sie sich auf das Analogpad und zwei Knöpfe beschränkt. Denn bereits die Kontrolle über die Laufbewegungen fallen derart schwammig aus, als würden die Athleten auf Kufen über Eis schlittern. Der auf den B-Knopf gelegte Lob, der den Diskus im hohen Bogen auf den Boden befördern soll, kann in den seltensten Fällen sinnvoll genutzt werden, so dass praktisch ausschließlich der A-Knopf zum Einsatz kommt. Der löst je nach Zeitpunkt des Drückens verschiedene Aktionen von Rutschern über das Feld über normale Würfe und schnelle Konter bis hin zu kraftvollen Bocks aus, die unter Umständen in charakterspezifischen Spezialwürfen enden, die die Flugbahn der Wurfscheibe dramatisch verändern. Doch wegen der Mehrfachbelegung entstehen selbst nach längerer Einarbeitungszeit immer wieder zu Situationen, in denen nicht die gewünschten Manöver ausgeführt werden. Da die CPU-Gegner freilich von derartiger Problematik gefeit sind, kommt es bei Matches gegen die Konsole selbst auf dem niedrigsten der vier Schwierigkeitsgrade nicht selten zu frustrierenden Szenen, die schlicht und ergreifend unfair wirken, so dass sich nur in den seltensten Fällen das für ein Sportspiel so wichtige Gefühl eines flüsigen und gelungenen Schlagabtauschs einstellt. Der Mehrspielermodus, der entweder lokale Spiele oder Partien über das Internet erlaubt, sollte theoretisch spaßiger ausfallen, da hier gleiche Voraussetzungen für beide Seiten gelten, aber gute eine Woche nach Veröffentlichungen in Europa und Australien fanden sich keine Mitspieler in den online Lobbys. Für Einzelspieler hält Power Disc Slam stattdessen freie Spiele, Überlebens-, Arcade- und Cup-Modus bereit, die allesamt extrem spartanisch und trocken präsentiert werden. Ohne jegliches schmückendes Beiwerk wird eine Partie nach der anderen bestritten, lediglich in der Meisterschaft gibt es allenfalls ein Diagramm, das das Vorrücken der Teilnehmer anzeigt.
Am abwechslungsreichsten hören sich da noch die sechs Minispiele mit je acht Stufen an, in denen die Grundmechanik des Spiels genutzt wird, um beispielsweise das runde Sportgerät zielgenau auf bewegliche Hindernisse zu Werfen oder Blöcke in einem Breakaut-Verschnitt abzuräumen. Kurzfristig können diese tatsächlich unterhalten, doch auf lange Sicht verhindert auch hier die unausgewogene Steuerung und das holprige Gameplay höheren Spielspaß, den andere arcadelastige Sportumsetzungen wie Virtua Tennis ausmacht.
Alles in allem liefert Power Disc Slam eine enttäuschende Vorstellung ab, was wirklich Schade ist, da das Grundkonzept auf dem Papier Potential aufweist der Titel beileibe kein technischer Totalausfall ist, sondern einfach nur kein gutes Spiel. Statt eine Mechanik aus den 90ern aufzugreifen und diese mit eigenen Ideen anzureichern, um sie somit in die Neuzeit zu holen, fabrizierte Chequered Cow Games einen lieblosen, lauwarmen Aufguss eines Spiels, das bereits vor 22 Jahren nur durchschnittlich war.