Beiträge zu 'Mu & Heyo'

Artpop: Action Painting Pro

action painting pro
Auf den ersten flüchtigen Blick könnte man Action Painting Pro von Ian MacLarty als typischen PC-Indieplattformer mit einem netten Konzept für die Spielmechanik und etwas schwammiger Steuerung halten. Drei permanent abnehmende Energiebalken, die sich nur durch Aufsammeln unterschiedlich farbiger Symbole wieder auffüllen lassen und damit einhergehend sich ständig neu anordnende Plattformen sprächen dafür. Seinen wahre Natur als videospielgewordene Jackson-Pollock-Simulation offenbart die Software aber nach dem Kontakt mit dem guten halben Dutzend an weiteren Items. Denn dadurch verwandelt sich das anfangs in schlichter schwarz-weiß-Optik daherkommende Hüpfspielchen zur interaktiven Kunstperformance und lässt die Spielfigur zum Klang- und Zeichenwerkzeug werden, das den sich ständig neu generierenden Klangteppich beeinflusst, Linien hinter sich herzieht, Farbe in diverse Himmelsrichtungen tropfen lässt oder den zur Leinwand gewordenen Bildschirm sonstwie verändert. Doch mit genau diesem Spagat zwischen Spielspaß und Kunst steht sich das Nongame-Game teilweise selbst im Weg. Während man sich mit der Zeit an die trägen Kontrollen gewöhnt hat und sich über die ästhetische Qualität der „erspielten“ Bilder zumindest streiten lässt verkommt der Sound weitestgehend zur unerträglichen Kakophonie und lässt den Lautstärkeregler gen Nullstellung wandern. Und auch wenn der Entwickler nach eigenen Aussagen die erzeugten Grafiken als alternatives Belohnungssystem an Stelle von Punkten ersonnen hat könnte der Titel durchaus von diesen klassischen Spielkonzept profitieren, zumal er eben an anderer Stelle stark auf das konventionelle Regelwerk des Jump-and-Run Genres setzt. In Anlehnung an Super Crate Box wäre beispielsweise ein Wertungssystem je aufgesammelten Gegenstand denkbar – Die erschaffenen Bilder würden dann als Visualisierung des erspielten Ranges zusammen mit dem Highscore auf einer Webseite präsentiert werden. Was ist schließlich Kunst ohne den Betrachter?
Nichts desto trotz übt Action Painting Pro als gelungenes Kunst-Experiment eine nahezu hypnotische Faszination aus und spornt in der Hoffnung auf die Erschaffung eines einmaligen Meisterwerks zu immer neuen Durchläufen an.

Boson-X: I quant to run

boson-x
Bereits im Punch-Quest Post habe ich keinen Hehl aus meiner skeptischen Einstellung gegenüber der Gattung der Endless Runner gemacht. Unzählige Reskins des gleichen Konzepts, bei dem mit zwei bis drei Aktionsmöglichkeiten die Hindernisse der prozedural generierten Endloslevel überwunden werden, scheinen mir oftmals recht belanglos und stark zufallsbestimmt zu sein und vor allem in Form von Free-to-play auf mobilen Geräten vorrangig als Mittel zum Zweck für die Erfüllung diverser Miniaufgaben zu dienen, die sich natürlich unter Zuhilfenahme echten Geldes leichter erfüllen lassen. Boson X, das gratis für PC, Mac und Linux erhältlich ist, benötigt keine einsammelbare Währung oder Perks und verleiht dem Genre dennoch wortwörtlich einen interessanten Dreh.
Dem Zwei-Mann-Entwicklerteam Mu & Heyo dienten nach eigenen Aussagen Super Hexagon als Inspiration, persönlich fühle ich mich etwas an Trailblazer erinnert, und das Setting im Innern eines Teilchenbeschleunigers, die Low-Poly-Grafik sowie die einfache, klare Farbgebung wecken wohlige Erinnerungen an die Introsequenz des Amigaklassikers Another World.
Auf der Suche nach neuen Partikeln rennt man in Gestalt eines Professor (man beachte die Lederflicken an den Ellenbogen des Jacketts) über die Plattformen eines endlosen Tunnels und lässt diesen rotieren, um möglichst häufig in Kontakt mit den blaue Abschnitte zu kommen, die dauerhaft die Geschwindigkeit und somit den Energiezustand des Leerkörpers Lehrkörpers erhöhen (Wie jeder weiß: T= ½mv2). Hat man sich erst einmal daran gewöhnt, dass Sprünge nur auf der gleichen Ebene oder auf direkt benachbarte Spuren möglich sind und dass auch längeres Drücken nach links oder rechts den Charakter länger in der Luft dem elektrischen Feld innerhalb der Vakuumröhre hält, geht die Steuerung locker von der Hand und Boson-X entwickelt seinen ganz eigenen, von akzeptabler tranciger Musik untermalten, hypnotischen Reiz.
Ein Energielevel von 100% wechselt nicht nur in einen, durch einen leider recht ablenkenden Verzerreffekt eingeleiteten, Alternativmodus der mehr und mehr zum Hochgeschwindigkeitsrausch wird, sondern schaltet auch weitere Level frei, die Herausforderungen wie kollabierende oder bewegliche Plattformen oder gefährliche Blitze enthalten und letztendlich mit der Entdeckung des ominösen X-Bosons locken.
Sein volles Suchtpotential entfaltet Boson-X schließlich durch die Online-Highscore Liste, in der die besten Energielevel verewigt werden und deren Top 10 auch auf der Webseite einsehbar sind.

P.S.: Es würde mich interessieren, ob auch andere das Problem haben, bei der Angabe des Namens für die Highscore-Liste die Ziffer 8 zu verwenden, so dass ich gezwungen war, unter dem Namen 7bitninja (zumindest für den Moment) in den 10 besten Forschern aufzutauchen.