Rennspiele dienen nicht nur seit längerer Zeit als Messlatte des grafisch machbaren, indem Reifen immer runder und der Lack noch etwas glänzender wird, sondern sind eigentlich auch schon seit ihren Ursprüngen Vorreiter der 3D Technologie beziehungsweise der First und Third Person Perspektive. Schon im Jahre 1976 wird das Urgestein Night Driver von Atari aus der Ego-Perspektive gespielt. Später entwickelt Sega mit dem Superscaler Klassiker Outrun und dem Polygonfrühwerk Virtua Racing wichtige Beiträge für die Darstellung räumlicher Tiefe und positioniert die Kamera hinter oder im Cockpit des Wagens, das wiederum in den aktuellen Gran Turismo Teilen bis ins kleinste Detail für hunderte von Modellen akribisch nachgebildet wird. So sehr der Blick aus Sicht des Fahrers oder Fahrzeugs auf die Strecke vor allen Dingen der Dynamik und einem eventuellen Simulationsanspruch zuträglich ist, ist er doch nicht die einige Möglichkeit, ein interaktives Rennen zu präsentieren: technisch sehr viel klassischer kommen seit jeher die Top-Down-Racer wie Ivan ‚Ironman‘ Stewart’s Super Off Road, Rock’n’Roll Racing, oder Skidmarks daher, die den Spielablauf teils auf einen Bildschirm beschränkt, teils bewegt, mal zentral von oben, mal aus leicht gekippter Perspektive, aber stets aus einem festen Blickwinkel mit relativ großem Abstand zum Renngeschehen zeigen. Ein ebensolches Rennspiel aus isometrischer, scrollender Ansicht ist Super Woden GP 2. Publisher EastAsiaSoft war so freundlich, mir einen XBox Code zum Testen auf meiner XBox One S zur Verfügung zu stellen, doch der Titel ist auch für praktisch jede aktuelle und Last-Gen-Plattform verfügbar. Der noch recht günstige Preis von 12,99 EUR und Retro-Charakter sollte dabei nicht zum Anlass genommen werden, anzunehmen, Super Woden GP 2 sei ein kleiner Rennspielhappen für zwischendurch, denn in Sachen Inhalt orientiert sich der Titel an den traditionellen Karieren einiger Rennspielklassiker und wartet dementsprechend mit einem  geradezu üppigen Umfang auf:

Super Woden GP II

Das Hauptmenü gestaltet sich als elegant schlichte Stadtkarte, die sicherlich nicht ganz unbeabsichtigt an das eingangs erwähnte Gran Turismo erinnert, und beherbergt unter anderem Shops von 9 fiktiven Automarken, die insgesamt über 180 Vehikel anbieten. Ohne offizielle Lizenz tragen diese zwar alle ausgedachte Namen wie Nanwolf Minion, die typischen Formen von Mini Cooper, VW Käfer, Porsche 911 oder Ferrari Testarossa sind allerdings derart unverkennbar, dass sich vermutlich irgendwo schon ein Anwalt gierig die Hände reibt. Wie diese kleine Aufzählung schon andeutet, erstreckt sich der mit gewonnenen Credits zugekaufte oder durch Siegprämien stetig wachsende Fuhrpark über mehrere Dekaden bis in die späten 90er und deckt Klassen von der knuffigen Hausfrauenkutsche und regulären Straßenfahrzeugen über Sportwagen und Oldtimer bis hin zu hochgezüchteten Rennboliden aus verschiedenen Motorsport-Serien ab. Zudem können die einzelnen Verkehrsmittel bei Bedarf individuell benannt und über ein einfaches Tuning-System in sechs Kategorien bis zu dreimal verbessert werden, wobei nicht jede Option für jedes Gefährt zur Verfügung steht.
Die mehr als 35 Stecken bieten ebenfalls einiges an Abwechslung und umfassen neben gar nicht mal so trivialen Ovalen nach US Vorbild und einfachen Stadttouren des weiteren Rundkurse, deren Straßenführung verdächtig bekannten Pisten wie Monza oder dem Suzuka International Racing Course ähneln, sowie zu den entsprechenden Fahrzeugen passende Rallye-Etappen von A nach B, die sich über den gesamten Globus verteilen.

Super Woden GP 2

Die Präsentation von Super Woden GP 2 kommt allerdings etwas bieder daher, wobei ich mir nicht ganz sicher bin, ob das Spiel hier eine zum nostalgischen Spielgefühl zugehörigen Ästhetik punktgenau simulieren will. Denn ohne einen der optionalen Filter sind die bunten Grafiken hochaufgelöst und die Modelle für die Entfernung zur Kamera mehr als ausreichend detailliert, Umgebungselemente wie Häuserfronten, Streckenbegrenzungen  oder die Landschaft wirken aber recht unspektakulär und effektarm. Vor allem an der Gestaltung und Farbgebung der Vegetation mit ihren oft identischen Bäumen in zu kräftigen Grün- und Orangetönen störe ich mit etwas, zumal diese mitunter kurzfristig den Blick versperren. Mittels der erwähnten Filter kann jedoch ein pixeligerer Look aktiviert werden, der dann durch Scanlines und warmes Leuchten die Darstellung auf alten Röhren- beziehungsweise Arcademonitoren nachahmt und den ich im Vergleich zu mach anderem retro-inspirierten Effekt für durchaus gelungen halte. Darüber hinaus sorgen verschiedene Tageszeiten und Witterungsbedingungen wie Regen oder Schneefall für etwas dynamischere und stimmungsvollere Lichtverhältnisse. Trotzdem wirken sich diese optisch nur recht dezent aus und ich persönlich hätte mich stattdessen etwas mehr über animierte Elemente wie jubelnde Zuschauer gefreut. Angesichts der leicht altbackenen Darstellung ist es dann auch nur konsequent, dass selbst ein erster Platz lediglich mit etwas Konfetti auf einem Textbildschirm statt einer rauschenden Siegerehrung gewürdigt wird.

Die schlichten Menüs, über die Fahrzeuge verwaltet und verbessert oder die nächsten Rennveranstaltungen geplant werden, sind ebenfalls auf das Wesentlich reduziert. Zwar könnte man die Cursorsteuerung an der ein oder anderen Stelle noch um einige unnötige Klicks reduzieren, grundsätzlich geht sie aber auch mit einem Gamepad leicht von der Hand. Wer allerdings nicht alle erfundenen Autonamen nebst zugehöriger Klassifizierung im Kopf hat, um so per Schultertaste zwischen den motorisierten Untersätzen zu wechseln, kommt nicht umher, etwas kompliziert jedes mal die Garage aufzurufen, um seine Wahl zu treffen, nur um dann wieder die jeweilige Austragung zu wählen.

Im Gegenzug zur Optik hätte nach meinem Dafürhalten die Musikauswahl dagegen etwas dezenter ausfallen können. Denn diese ist mit ihren mal Rock-, mal Chiptune-lastigen, fröhlichen und energiegeladen Stücken sicherlich nicht wirklich schlecht und stünde einem reinen Arcade-Titel bestimmt gut zu Gesicht, trifft dagegen nicht ganz meinen Geschmack, da sie doch trotz vermutlicher Anlehnung an SEGA-Evergreens nicht ganz an diese heranreichen kann, und beißt sich auch etwas mit den puristischen Rennaspekten, die zumindest die ordentlichen Motorengeräusche und Reifenquietscher  gut vermitteln.

Super Woden GP 2

Doch alle Kleinigkeiten treten in den Hintergrund angesichts der erstklassigen Spielbarkeit von Super Woden GP II. Diese dürfte vor allem an der hervorragenden Steuerung liegen, die neben der Lenkung mit eigentlich nur drei Tasten für Gas, Bremse und gelegentlichen Handbremseneinsatz einerseits eingängig und simpel genug ist, um einen schnellen Einstieg zu erlauben, andererseits aber auch genügend Tiefgang für langanhaltenden Anreiz bietet. Dabei kommen die verschiedenen Charakteristika der zahlreichen Autos hervorragend zur Geltung, ohne zu sehr zur Simulation zu verkommen. Vor allem wird ein gutes Gefühl für das Gewicht und die Kraft der Boliden geboten, wenn sich z.B. eine Mittelklasselimousine langsam und mit großem Radius, dafür spurgenau um eine Kurve lenken lässt, während ein leichtgewichtiger italienischer Sportflitzer schneller, jedoch auch nervöser reagiert und bei zu leichtsinnigem Gaseinsatz mitunter ausbricht oder ein amerikanisches Muscle-Car bei heftigen Lenkbewegungen mit ausladend schlingerndem Heck über den Asphalt driftet. Auch die virtuelle Kamera, die das stets flüssige Renngeschehen einfängt, gereicht dem Spiel zum Vorteil. Denn zunächst etwas ungewohnt ist das zu steuernde Fahrzeug nicht etwa zentriert, sondern an den Rand des Bildschirms gedrängt. Dadurch wird andererseits eine maximale Sicht auf den anstehenden Streckenverlauf geboten und die Angst, den eigenen Wagen aus dem Blickfeld zu verlieren, ist unbegründet, ist der virtuelle Kameramann doch ein wahrhaft unfehlbarer Meister in der subtilen Wahl des Bildausschnitts. Um die mit der Perspektive zwangsläufig verbundenen Übersichtsprobleme weiter zu mindern, gibt es zum eine eine recht hilfreiche Minikarte und darüber hinaus werden Kurven sowohl akustisch als auf visuell vorangekündigt. Auf den normalen Rennstrecken geschieht dieses durch einfaches Piepen und ein Ausrufezeichen, doch für die verschlungenen Rallye-Pisten werden ausnahmsweise stilecht farbliche Pfeile genutzt und eine Frauenstimme mit leicht asiatischem Akzent informiert mit Ansagen wie „easy right“ oder „long left“ derart gut über den unmittelbaren Streckenverlauf, dass ich mir diese Möglichkeit auch für den Rest des Spiels gewünscht hätte. Die Rallye-Wettbewerbe sind mein persönliches Highlight und gäben schon für sich alleine ein erstklassiges Spiel ab, und dennoch sind die reinen Zeitrennen über verschiedene Schotter- und Eispisten nur eine von vielen Möglichkeiten, in Super Woden GP 2 dem Motorsport zu frönen. Eine große Auswahl an Veranstaltungen von Langstreckenrennen über kleinere, mehrere Kurse umspannende Serien bis hin zu Einzelereignissen warten darauf, freigeschaltet und gemeistert zu werden. Viele dieser Herausforderungen sind an Kriterien gekoppelt wie zum Beispiel eine Obergrenze der zugelassenen Leistung bis hin zur Beschränkung auf ein einzelnes Modell. Hier merkt man besonders, dass Super Woden GP 2 mehr als nur ein simpler Arcade-Racer sein will. Statt einer „billigen“ Gimmiband-Logik wird der Rennausgang mehr von der Leistung der beteiligten Boliden und den eigenen fahrerischen Fähigkeiten bestimmt. Dabei verzeiht das robuste Fahrmodell den einen oder anderen Rempler mit der Konkurrenz oder der Leitplanke, nur bei allzu ruppiger Fahrweise meldet das Schadensmodell einen Totalausfall. Das computergesteuerte Feld verhält sich weitestgehend korrekt, ist weder zu aggressiv noch zu passiv und macht ab und an auch schon mal einen Fahrfehler, woran nach meinem Empfinden der zentral gewählte von 3 möglichen Schwierigkeitsgraden erstaunlich wenig ändert. Im Wettstreit mit gleichwertigen Gegnern kommt es somit regelmäßig zu nervenaufreibenden Positionskämpfen. Das bedeutet allerdings auch, dass man sich bei unzureichender Ausstattung in den Rennen mit weniger restriktiven Einschränkungen gelegentlich die Zähne ausbeißt und klar den Nachteil auf seiner Seite hat, weil man durch Fehlkäufe schlichtweg untermotorisiert ist, während einem andere Wettstreite verschlossen bleiben, weil sich die gefordert Karosse noch nicht in der eigenen Sammlung befindet. Das ist aber nicht weiter schlimm, schließlich können die vorherigen Austragungen jederzeit wiederholt werden. Das wird nicht nur erneut mit entsprechendem Preisgeld für jede Position belohnt, sondern macht auch dauerhaft Spaß, weil man sich in den Online-Ranglisten mit Fahrerinnen und Fahrern aus der ganzen Welt vergleichen und vielleicht in einem guten Durchlauf die eigene Rundenzeit noch um die eine oder andere Sekunde reduzieren kann. Neben den obligatorischen Time-Trials, die die Bestleistungen auf leerer Strecke festhalten, gibt es für Multiplayer noch einen 4-Spieler Splitscreen Modus, den ich leider nicht ausgetestet habe. Und als ob das alles noch nicht genug wäre, hat Entwickler ViJuDa mit Super Woden Rallye noch eine komplettes Arcade-Spiel mit in das Paket geworfen, das klassisches „Erreiche-das-Ziel-innerhalb-eines-Zeitlimits“ Gameplay und damit noch einmal eine völlig eigenständige Herausforderung bietet.

Super Woden GP 2

Rennspielfans jeglicher Epoche sollten sich somit nicht von der unauffälligen Optik dieses Titels abschrecken lassen. Denn hinter der Last-Last-Gen Grafik von Super Woden GP II verbirgt sich eine umfangreiche und einsteigerfreundliche Liebeserklärung an den Motorsport vergangener Tage mit Tiefgang, die vielleicht nicht ganz perfekt, aber doch sehr gut ist und sicherlich über Wochen, wenn nicht gar Monate hinweg Spielspaß und Motivation gewährleisten kann.

1bit insekt: Totenkopfschwärmer

Acherontia atropos

Auf die Coolness von Ninjas habe ich in diesem Blog bereits mehrfach (und in der Regeln nicht ganz ernst gemeint 😉 ) verwiesen. Diesbezüglich stehen ihnen Mechs, Mechas und Mobile Suits aber in kaum etwas nach (man möge mir die Unkenntnis der Feinheiten zwischen diesen Bezeichnungen verzeihen). Dementsprechend ist die Wahl eines pilotengesteuerten Kampfroboters als Protagonisten in Crescent Moons neuestem 8Bit Actionplattformer Deathchron, für dessen XBox Version mir Publischer Ratalaika Games freundlicherweise einen Code hat zukommen lassen, zunächst einmal grundsätzlich zu begrüßen. Zudem steckt das sich sehr streng an klassische NES-Titel orientierende Spiel statt eines schlachterprobten Soldaten einen einfachen Jungen in die schwerbewaffnete Cyberrüstung, um eine alternative Realität vor Außerirdischen Invasoren zu schützen, und greift damit die „Kind rettet mit Hilfe von futuristischer Technologie die Welt“-Fantasie auf, die wohl alle, die in den 80ern aufgewachsen sind, gehabt haben dürften und die in Filmen wie The Last Starfighter oder Der Flug des Navigators verewigt wurden. Durch die Möglichkeit, den Mech jederzeit auf Knopfdruck zu verlassen, ist spielerisch eine klare Aufgabenverteilung gewährleistet: der gepanzerte Gefechtsanzug, der auch ein paar wenige Treffer einstecken kann, ist für das Ballern und die meisten Hüpfpassagen zuständig, während der fragile Heranwachsende Leitern erklimmen, Konsolen und Schalter betätigen und Räume zum Einsammeln von Schlüsselkarten betreten kann. Dadurch werden die eigentlich recht linearen Level etwas aufgelockert, wobei die Mensch-gesteuerten-Passagen nie zu harten Knobelnüssen oder langen Fußmärschen verkommen und man die meiste Zeit sowieso im Mechcockpit verbringt. Wer (wie ich) angesichts dieser Spielmechanik auf umfangreiche Search-Action in Stil des NES Klassikers Blaster Master gehofft hat, wird somit leider enttäuscht, zumal sich das Kampffahrzeug gegen Zahlung einsammelbarer Zahnräder zwar mit etwas Zusatzenergie und Extrawaffen aufrüsten lässt, aber keine neuen Fähigkeiten zur Erforschung der Umgebung bietet.

Deathchron

Hinsichtlich der Präsentation reicht Deathchron auf den ersten Eindruck durchaus an die Vorbilder der Vergangenheit heran: Die Chiptune-Musik ist energiegeladen und schmissig, auch wenn die wenigen Stücke eher kurz sind und teils mehrfach verwendet werden, während die Pixel-Grafik vor allem mit der kräftigen, farbenfroh eingeschränkten Farbpalette und der traditionellen Gestaltung gekonnt den positiv-verklärten Eindruck eines authentischen Nintendo Entertainment System Spiels erweckt. Auch das Gegnerdesign ist dahingehend absolut akzeptabel, wenn auch nicht herausragend. Bei genauerem Hinsehen merkt man jedoch, dass hier wohl doch keine auf die Einschränkungen alter Systeme oder zumindest auf pixelige 2D Plattformer optimierte Spieleengine am Werke ist, wenn beispielsweise zielsuchende Raketen zu flüssig rotieren oder Eisblöcke mit sanftem Transparenzeffekt verschwinden. Das Ärgerliche daran sind die technischen Probleme, die dieser Unterbau anscheinend mit sich bringt: So hätte ich nie damit gerechnet, in einem Retro Actionplattformer die Kameraführung zu bemängeln, die mitunter allzu schnellen Bildschirmwechseln hinterherhinkt, die Spielfigur zu sehr an den Rand drängt oder sie in seltenen Fällen gleich außerhalb des sichtbaren Bereichs positioniert.  Auch mit der Simulation der in Retrospielen eigentlich nicht sonderlich komplexen physikalischen Interaktionen hat Deathchron gelegentlich zu kämpfen, beispielsweise, wenn oben genannte Eisblöcke zwar schmelzen und eine Passage nach unten freigeben sollten, man aber dennoch auf ihrer Ebene festhängt und trotz recht direkter Steuerung eben nicht fällt. Zudem machten sich zumindest auf der XBox One S Slowdowns bemerkbar, die das Spieltempo mehr als einmal dramatisch reduzierten. Zwar waren in der Regel diese reproduzierbaren Passagen schnell vorbei, doch im obligatorischen Wald-Level kam der Spielfluss quasi dauerhaft zum erliegen. Das sorgt vor allem für Missmut, wenn man sich vor Augen hält, dass schon uralte Micro-Computer-Systeme, die vermutlich über weniger Rechenleistung als die Scheibenwischersteuerung eines aktuellen E-Autos verfügen, teils bessere Performance bieten konnten. Aber auch außerhalb der Technik ist das Design von Deathchron zumindest zwiespältig. Zu netten, durchaus Abwechslung bietenden Ideen gesellen sich gestalterische Patzer wie Sackgassen, die nicht mehr verlassen werden können, eine lächerlich dilettantische Shooter-Passage gegen Ende oder die fehlende Möglichkeit, einen (bereits bestrittenen) Level abzubrechen. Und warum gibt es im Auswahl-Bildschirm, der abgeschlossene Level nicht markiert, einen eigenen Ort zum Aufrüsten des Mechs, wenn dieses auch  jederzeit im Pause-Menü möglich ist? Dabei ist der Umfang des Spiel auch mit dieser Basis nicht wirklich üppig: Fünf genretyische und nicht zu kurze, nicht zu lange Umgebungen wollen durchschritten und ihre Bosse besiegt werden. Die wenigen Checkpunkte sind dabei zwar so weit auseinander verteilt, dass man beim Scheitern einige Passagen wieder und wieder bestreiten muss, der Frust darüber hielt sich aber erstaunlicherweise in Grenzen, wohl auch, weil dann eben doch auf das klassische Element der begrenzten Leben und damit verbunden der Notwendigkeit, einen Level oder gar das ganze Spiel von Anfang an neu bestreiten zu müssen, verzichtet wurde. Darüber hinaus hält sich der Schwierigkeitsgrad gerade im Vergleich zu so manch anderem Retro-Game in Grenzen, ohne ins triviale abzugleiten.

Eine wirkliche Kaufentscheidung (knapp 5EUR) kann somit leider dennoch nicht für Deathchron ausgesprochen werden, obwohl ich mitunter durchaus Spaß beim Durchspielen hatte. Selbst wenn die technischen Probleme und Bugs noch ausgemerzt werden würden oder auf anderen Systemen gar nicht erst auftreten, wirkt der Titel dennoch in einigen Aspekten unfertig und unausgegoren. Das ist wirklich schade, merkt man Deathchron doch durchaus  sein Potential als unterhaltsame und abwechslungsreiche Retro-Hommage an, das es mit etwas mehr Feinschliff, Qualitätssicherung und/oder technischer Expertise hätte entfalten können.

PETSCII Art: Arielle under the sea(64)

PETSCII Arielle, basierend auf Capcoms NES Sprite

Neben zahllosen originellen Schöpfungen hat sich die Videospielindustrie seit jeher auch gerne bei anderen bestehenden Medien und Kunstformen bedient. Mit dem praktisch zeitgleichen Aufkommen cineastischer Mega-Blockbuster wie Starwars, Indiana Jones, E.T. oder der weiße Hai waren noch bis vor einigen Jahren interaktive Adaptionen von Filmen besonders beliebt und häufig anzutreffen, doch auch TV-Serien, Bücher oder Comics sind gern gesehene Vorlagen für Konsolen- und Computerspiele. Titel, die hingegen auf Bands, Solokünstlern oder gar einzelnen Songs basieren, sind dagegen eher selten, vor allem, wenn man Musik- und Tanzspiele wie Rockband, Guitar Hero oder Britney’s Dance Beat außer Betracht lässt. Den wenigen verbleibenden Vertretern ist diese Liste gewidmet

KISS Psycho circus: The Nightmare Child (2000, PC/Dreamcast)

Eigentlich passt KISS Psycho circus: The Nightmare Child nicht ganz in diese Liste, basiert der etwas in Vergessenheit geratene Egoshooter doch auf der KISS: Psycho circus Comicreihe von Spawn-Schöpfer Todd McFarlain, die wiederum an die Bühnenpersonas der geschminkten Altrocker angelehnt ist. Der Titel unterstreicht jedoch nicht nur die Geschäftstüchtigkeit der Band durch crossmediale Präsenz, sondern ist mit seiner Kombination aus Quake-Inspiriertem Gameplay und „düster-erwachsemen Indie-Comic“ geradezu ein Paradebeispiel für die „Edginess“ der Medien- und Spielelandschaft um die Jahrtausendwende.

Michael Jackson’s  Moonwalker (1990 Arcade / Megadrive / Master System)

Auch Michael Jackson’s Moonwalker erfüllt genaugenommen nicht exakt die selbsterdachten Anforderungen dieser Aufzählung, ging den Spielen doch der gleichnamige Musikfilm von 1988 voraus. Da der abendfüllende Streifen jedoch im Grunde genommen lediglich ein ausgedehntes Musikvideo ist, machen Segas Versoftungen hier absolut Sinn (U.S. Golds grottenschlechte Titel für diverse 8Bit Heimcomputer seien hier einmal bewusst verschwiegen). In zwei grundsätzlich recht verschiedenen Spielen erwehrt sich der King of Pop in der Spielhalle in isometrischer beziehungsweise auf SEGAs Heimkonsolen in seitlicher Ansicht allerlei kinderstehlender Spitzbuben und durchläuft dabei verschiedene Umgebungen wie die aus Smooth Criminal bekannte Gangster-Spelunke. Diese erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen dem Musiker und SEGA dürfte auch der Grundstein für weitere Kooperationen gewesen sein, die uns zum Beispiel Space Michael in Space Channel 5 oder Jacksons lange Zeit unbestätigtes Mitwirken am Soundtrack von Sonic 3 bescherten.

Crüe Ball (1992 Megadrive)

Für physikalische Flippertische sind Musiklizenzen eigentlich nichts Außergewöhnliches: Alt-eingesessene Hersteller wie Bally oder Stern bauten schon seit den späten Siebzigern auf die Zugkraft populärer Künstler und Künstlerinnen, und Tische zu Bands wie KISS, Guns N‘ Roses oder Metallica gehören zu den bekanntesten Vertretern der Unterhaltungsform. Bei digitalen Videoflippern scheinen derartige Deals aber eher die Ausnahme zu sein, und so ist Crüe Ball der einzige mir bekannte Vertreter dieser Art. Mit Spielelementen, die so auf keinem echten Flippergerät umsetzbar wären, bleibt aber auch der Electronic Arts Titel zumindest dem musikalischen Metier treu, denn wie viele andere als Stahlkugel-Automat verewigte Bands ist auch die themengebende Mötley Crüe dem Metal / Hardrock Genre zuzuordnen.

Revolution X (1994 / Arcade / PC / Konsolen)

Mit Aerosmith findet sich eine weitere, aber sicherlich nicht die letzte Rockband in dieser Liste. Doch zumindest das spielerische Genre von Revolution X ist hier eher überraschend, denn die Musiker rund um Frontmann Steven Tyler sind die Stars eines Light-Gun Railschooter a la Operation Wolf oder Terminator 2: Judgement Day. Quasi auf der Höhe des durch Mortal Kombat entfachten Digitalisierungshypes nutze Entwickler Midway die eingescannten Ebenbilder der Band in einer hanebüchen Geschichte, in der die verschiedenen Mitglieder von einem totalitären Regime entführt werden, das der Jugendkultur und vor allem natürlich der Rockmusik von Aerosmith den Krieg erklärt hat, und es nun an dem geneigten Spieler liegt, diese zu befreien und die Unterdrücker zu besiegen.

Wu Tang: Shaolin Style (1999 / Playstation)

Ihre Affinität zu asiatischen Kung-Fu Filmen trägt die Anfang der 90er gegründete New-Yorker Hip-Hop-Gruppe mit so illustren Mitgliedern wie RZA oder Ol‘ dirty Bastard bereits im Namen. Was lag kurz vor der Jahrtausendwende also näher, als  sich mit dem Entwickler Paradox Development zusammenzutun, der die Fertigstellung des strauchelnden Prügelspiels Thill Kill einstampfte und die Überresten stattdessen zu Wu Tang: Shaolin Style umgestaltete?

Seikima II Akuma no Gyakushū! (1986 / Famicom / MSX2 )

Zugegebenermaßen habe ich erst kürzlich von diesem Titel und der Tatsache, dass er auf der titelgebenden Metalband Seikima-II beruht, gehört. Das konsequent dämonische Bühnennarrativ der kostümierten Japaner, das sogar die Auflösung der Gruppe zur Jahrtausendwende mit einschloss, dürfte sich zu 8Bit Zeiten aber nicht minder gut für eine Spieleumsetzung geeignet haben wie Frühstücksflockenmaskotchen oder Filme wie Platoon oder Hirty Harry.

Holy Diver (1989 / Famicon )

Das japan-exklusive Sammlerstück Holy Diver ist meines wissens nach der einzige Vertreter in dieser Liste, der nicht auf einer offiziellen Lizenz beruht, doch Entwicklerinterviews und nicht zuletzt der wenig subtil gewählte Titel belegen eindeutig, dass das Spiel auf dem identisch benannten 1983er Album der Heavy Metal Band Dio beruht. Dementsprechend finden sich nicht nur typische Metal-Anleihen und die Band-spezifische Mythologie in der Hintergrundstory wieder, sondern diverse Charaktere sind in ihrer Benennung klar an Metalgrößen wie Ozzy (Osborn), Zakk (Wylde) oder Randy (Rhoads) angelehnt.

Journey ( 1983 / Arcade)

Der älteste Vertreter der bandinspirierten Videospiele in dieser Liste kann auch jenseits der etwas ungewohnten Thematik mit einigen Besonderheiten aufwarten. So war der Automat einer der ersten, der für die Spielfiguren die digitalisierten Portaits der Musiker, die durch Songs wie Don’t Stop Believing bekannt wurden, verwendete. Und hatte man die spielerisch auf damalig traditionelle Sammel- und Ausweichmechaniken setzende, intergalaktischen Instrumentensuche der Band abgeschlossen, spielte ein im Gerät verbauter Kassettenspieler in der finalen Runde statt pipsiger, elektronischer Musikuntermalung den Song Separate Ways.

Teddy Boy Blues (1985, Arcade / Megadrive / Master System)

Gerade dem westlichen Publikum ist der Musikbezug von Segas endlos scrollendem Plattformshooter vielleicht gar nicht so sehr bewusst, schließlich zeigt die knuffige Cartoongrafik während des eigentlichen Spielgeschehens eben keine Mitglieder einer bekannten Musikkombo. Vielmehr beruht der Name und die Hintergrundmusik des Automaten auf dem gleichnamigen Titel des japanischen Pop-Idols Yōko Ishino, das auch in den Start- und Zwischenbildschirmen zu sehen ist. In den Heimversionen blieb davon aber bis auf eben die Bezeichnung des Spiels nichts übrig.

Oops Up/ The Power (1990/1991 / Amiga)

Der Wechsel von 8 zu 16 Bit bescherte Computerspielen nicht nur eine verbesserte Grafik, sondern ermöglichte auch parallel zur Musikindustrie die verbreitete Verwendung von Sprach- und Sound-Samples. Auch im gerne abwertend als Eurotrash bezeichneten Musikgenre kamen diese gerne zum Einsatz, und aus dieser unheiligen Vereinigung ging das spielerisch überraschend gute Oops Up hervor: Während das unverwüstliche Spielprinzip dem Klassiker PANG! beziehungsweise Buster Bros. „entliehen“ war, steuerte das Euro-Dance Urgestein Snap! mit dem entsprechenden Song Titel und auch Soundtrack bei, der dem Original eben dank Samples der relevanten Gesangs- und Quitsche-Parts recht nahe kam. Ein Jahr später wiederholte Entwickler Demonware übrigens zumindest auf dem Amiga dieses Vorgehen, indem der „Agathe Bauer“-Song musikalischer und namensgebender Pate für das Knobel The Power wurde.

Frankie goes to Hollywood (1985 / C64 / Amstrad CPC / ZX Spectrum)

Um ehrlich zu sein ist dieses Spiel einer der Hauptgründe, um diese Liste überhaupt zu erstellen. Meiner Meinung nach werden nicht nur die Songs und Videos der New-Waver massiv unterschätzt und findet in aktuellen 80er Jahre Listen zu wenig Würdigung, auch das für diverse Heimcomputer entwickelte FGTH-Spiel kann als Meilenstein bezeichnet werden. Basierend auf der Ikonographie der Band durchstreift der Protagonist bei seinem Ziel, eine vollständige Person zu werden, einen quasi Open-World Vorläufer von Liverpool, sammelt Objekte ein, bestreitet diverse Minispielchen und entschlüsselt diverse Hinweise zur Lösung eines Mordfalls. Der teils bewusst kryptische und mysteriöse Spielablauf trägt dabei viel zur Faszination des Titels bei, und zumindest die Musikuntermalung der C64 Version verdient eine besondere Erwähnung, denn ähnlich wie an der gut 13 minütigen(!) Originalversion kann man sich auch an der in Endlosschleife laufenden SID-Chiptune-Version von Welcome to the Pleasuredome kaum satthören.

Please don’t touch my hall

Nokia Art Jam 2: Season II

Hier noch ein paar Nachzügler (bzw. reorganisierte Bilderreihe) zum Nokia Art Jam 2. Mit sehr überschaubarer Farbpalette und Auflösung könnte ich mir auch gut vorstellen, auch außerhalb des Jams noch einige entsprechende Pixelbilder zu erschaffen.

N-wing: VERSUS

Nokia Suit Larry: Larry für die neue, mobile Generation

the mighty mighty dialtones: Ein Wählton Musikspiel

Nokia Art Jam 2

Mein letzter Game Jam liegt schon etwas zurück, anscheinend fehlt mir in letzter Zeit sowohl die Muse als auch die Muße für derartige Projekte. Da kommt der Nokia Art Jam 2 wie gerufen: noch bis Ende Mai soll Pixelart in den Restiktionen des Nokia 3410 Mobiltelefons, sprich eine Schwarz-Weiß Grafik in 96 x 65 Pixel zu Thema „die vegessenen Spiele für das Nokia 3410 “ eingereicht werden. Initiator Polyduck hat zudem eine Vorlage der „Benutzeroberfläche“ des Handyklassikers bereitgestellt, die ich teils auch in einige dumme Spielideen eingebettet habe. Hier ein erster Schwung an Bildern. Mal sehen, ob bis Monatsende noch weitere folgen:

Endlich: papers please auf dem Handy

texting of the doomed (T9 edition)

Spiel zum Film „schneller als der Tod“, das nur um 12 Uhr mittags gespielt werden kann

Retro Puzzle Maker Interview

8bit-ninja im Interview mit der Entwicklerin von Retro Puzzle Maker

8bit-ninja: Könntest du dich bitte vorstellen?

Sarah: Hi, Ich bin Sarah und ich entwickle seit etwa 10 Jahren Homebrew-Spiele. Bis auf wenigen Ausnahmen habe ich mich hauptsächlich auf kurze Spiele im Jam-Stil konzentriert, um Konzepte zu testen. In den letzten Jahren lag mein Augenmerk darauf, Werkzeuge zu entwickeln, die anderen helfen, Spiele für das Nintendo Entertainment System / NES zu entwickeln. Einige davon sind Retro Puzzle Maker und create-nes-game.

8bit-ninja: Kannst du etwas über die Hinter- und Beweggründe zur Entwicklung von Retro Puzzle Maker erzählen? Soweit ich weiß, wurde die Software zuletzt vor über einem Jahr aktualisiert, scheint aber in letzter Zeit etwas an Fahrt gewonnen zu haben. Irgendeine Idee, warum das so ist?

Sarah: Mein Absicht mit Retro Puzzle Maker ist es, die Entwicklung eines Spiels für das NES für mehr Menschen zugänglich zu machen. Dies Ziel verfolge ich bei den meisten meiner Werkzeuge: die Eintrittsbarriere für die Retro-Entwicklung zu senken. Wenn du möchtest, kannst du ein Spiel sogar nur mit einem Webbrowser erstellen – selbst mit dem auf deinem Telefon. Für technisch versierte Personen ist die Engine Open Source und kann auch verändert werden.
Warum Retro Puzzle Maker in letzter Zeit so populär geworden ist, kann ich mir selbst nicht ganz erklären, aber ich begrüße es! Ich denke, einige davon könnten mit den Titeln zusammenhängen, die an den 2022/2023 nesdev-coding compos teilgenommen und etwas Aufmerksamkeit erregte haben. Einer davon wurde bald darauf auch zu einem ziemlich ausgefeilten Spiel erweitert! (Lustige Tatsache: ich habe kurz vor Ablauf der Frist im Jahr 2022 tatsächlich die Kompatibilität mit den Wettbewerbsvorgaben gebrochen und musste mich abmühen, das Problem zu beheben!)

8bit-ninja: Das Famicom hatte kürzlich seinen 40. Geburtstag gefeiert. Was macht deiner Meinung nach die Faszination an diesem alten – und eher begrenzten – System aus, so dass immer noch Software dafür entwickelt wird?

Sarah: Ich denke, es gibt zwei große Dinge, die dafür sorgen: Erstes ist sicherlich eine große Portion Nostalgie, die mit dem System verbunden ist. Ich weiß, dass ich mit einem NES im Haushalt aufgewachsen bin und immer davon geträumt habe, meine eigenen Spiele dafür zu entwickeln. Jetzt bin ich erwachsen, habe einen richtigen Job und Programmierkenntnisse und kann mir diesen Traum erfüllen! Ich glaube nicht, dass ich damit alleine bin, und die Tools für die Plattform werden immer zugänglicher.
Der zweite Grund ist entwicklungsspezifisch – in mancher Hinsicht sind die Einschränkungen der Konsole von Vorteil. Die Hardware beantwortet eine Menge Fragen für dich – zum Beispiel wirst du wahrscheinlich kein 3D-Open-World-Spiel erstellen, die Bildschirmgröße ist (größtenteils) festgelegt und die Grafiken müssen speziellen Vorgaben und niedrigen Auflösungen entsprechen. Ich finde, das macht es einfacher, sich auf das Spiel selbst zu konzentrieren. Außerdem kann ein NES-Emulator fast überall ausgeführt werden, so dass das ganze überraschend leicht zu portieren ist.

8bit-ninja: Glaubst du, dass Software wie Retro Puzzle Maker oder GB Studio ein guter Einstiegspunkt in die Entwicklung von Retro-Spielen ist?

Sarah: Das glaube ich auf jeden Fall! Ich denke, dass insbesondere GB Studio ein fantastischer Einstiegspunkt ist. GB Studio ermöglicht es Menschen, komplexe Spiele mit wenig bis gar keiner Programmiererfahrung zu erstellen und öffnet gleichzeitig noch mehr Möglichkeiten für Power-User.
Retro Puzzle Maker ist viel einfacher, was es für Anfänger möglicherweise zugänglicher macht – es wird dich dazu anregen, dich mit den grafischen Einschränkungen der Konsole vertraut zu machen, ist dir aber ansonsten nicht im Weg und lässt dich dein Spiel erstellen. Wenn du interessiert bist, erhältst du außerdem alle Werkzeuge, um den Code zu hacken und ihn dir zueigen zu machen.
Beide Tools helfen dir dabei, noch mehr Fragen zu deinem Spiel zu beantworten, so dass du dir weniger aneignen musst. Die Werkzeuge können dir auch implizit etwas über die Konsole beibringen, allein schon durch ihre Funktionsweise. Wenn du dich entscheiden, ein Spiel manuell zu programmieren, nachdem du diese Tools verwendest hast, wird dir die Erstellung von Spielen mit einem der beiden Tools einen Vorsprung verschafft haben.

8bit-ninja: Verfolgst du, welche Spiele mit Retro Puzzle Maker kreiert werden? Wenn ja, gibt es welche, die sich besonders hervorgetan haben, indem sie beispielsweise über das, was mit der Engine eigentlich möglich ist, hinausgegangen sind?

Sarah: Ich versuche, die damit erstellten Spiele so genau wie möglich zu verfolgen! Wenn ein mit Retro Puzzle Maker erstellter Titel auf itch.io veröffentlicht wurde und das einigermaßen offensichtlich ist, habe ich ihn wahrscheinlich ausprobiert. Ich finde es äußerst ermutigend zu sehen, wie Leute das Tool verwenden, und das gibt mir die Energie, weiter daran zu arbeiten. (Und ja, Retro Puzzle Maker ist für ein weiteres Update überfällig)
Es gibt zwei nennenswerte Spiele, die mich besonders beeindruckt haben. Das erste ist „Senseless City“ von der unglaublich begabten Rani Baker. (Ruhe in Frieden) Sie hat durch Rom-Hacking eine Reihe cleverer Optimierungen an der Engine vorgenommen, und ich war ehrlich gesagt ziemlich überwältigt. Sie konnte unter anderem eine Charakterauswahl und mehrere Farb-Paletten hinzufügen. Sie hat auch ein längeres Spiel namens Graveyard Dude mit tollen Rätseln gemacht, und da hat sie sich bestimmt auch ein wenig reingehackt!

Senseless City

Das zweite ist „Tweak’s Fish Biscuit Fiasco“ des talentierten M-Tee mit Musik von Jordan Davis. (auch bekannt als Raftronaut) Es ist noch nicht erschienen, aber es ist ein Lernspiel, das auf der Lieblingsfernsehsendung der kleinen Tochter von von M-Tee basiert. M-Tee ist von Beruf Lehrer und kann die Engine in ein Lehrmittel verwandeln, um die Entwicklung der motorischen Kontrolle schrittweise zu fördern. Ich hatte noch nie daran gedacht, dass jemand es dafür nutzen würde, aber es hat mich gefreut, das zu sehen! Er konnte die Engine mit zusätzlichen grafischen Funktionen verbessern, um dem Spiel ein ausgefeilteres Aussehen zu verleihen. Seine Tochter konnte es schon früh spielen und er arbeitet mit mir daran, es für die Veröffentlichung aufzupolieren. Es lohnt sich also, die Augen für den kostenlosen Download in naher Zukunft offen zu halten!

Tweak's Fish Biscuit Fiasco

8bit-ninja: Planst du, Retro Puzzle Maker noch mehr zu erweitern? Gibt es Funktionen, die du hinzufügen oder die Engine vielleicht um andere Spielmechaniken oder gar Genres erweitern möchten?

Sarah: Ich habe auf jeden Fall vor, Retro Puzzle Maker weiter auszubauen – ich hoffe, irgendwann in diesem Jahr ein Update mit ein paar häufig nachgefragten Funktionen zu veröffentlichen – darunter benutzerdefinierte Soundeffekte und richtige Animationen für Blockbewegungen. (Endlich!) Ich habe auch ein paar andere Ideen, mit denen ich spiele, aber ich bin noch nicht ganz zuversichtlich, dass ich sie fertigstellen kann, um sie hier anzukündigen. Leider ist die Codebasis ziemlich komplex geworden und ich muss bei der Speicherverwaltung für das ROM sehr vorsichtig sein. Das Erstellen von Funktionen ohne neue Fehler hinzuzufügen ist ein vorsichtiger Balanceakt.
Außerdem würde ich die Engine sehr gerne auf neue Genres ausweiten und habe schon oft davon geträumt. Es würde Spaß machen, sie für Abenteuerspiele oder vielleicht sogar für Plattformer zu adaptieren. Leider habe ich heutzutage zwischen meinem Job, der ehrenamtlichen Arbeit für eine Convention und einem anderen Spieleprojekt nur sehr begrenzte Zeit, daher kann ich nicht versprechen, dass so etwas kommt. Außerdem würde das Zeit wegnehmen von Retro Puzzle Maker, das selber noch einiges an Aufmerksamkeit braucht!

8bit-ninja: Gibt es noch etwas anderes, über das du reden willst oder auf das du hinweisen willst?

Sarah: Neben Retro Puzzle Maker habe ich auch ein kurzes Spiel für den Nintendo E-Reader in Planung! Vor Jahren habe ich ein kleines Spiel namens Dizzy Sheep Disaster veröffentlicht. Ich arbeite derzeit daran, dieses Spiel mit Hilfe von M-Tee zu überarbeiten. Man kann also verbesserte Grafik, Story, neue Musik und einige neue Level erwarten! Folgt mir für weitere Updates dazu auf Mastodon, BlueSky, Twitter oder meiner persönlichen Website!

Dizzy Sheep Desaster Deluxe

Für diejenigen, die sich eher für Code interessieren, habe ich auch ein Projekt namens „create-nes-game“, das die Einrichtung von nesdev-Tools einfacher macht. Dazu läd man die  Windows/Linux-Binärdatei herunter, führt sie aus und wird dann aufgefordert, einige Fragen zum Projekt zu beantworten. Von dort aus wird ein Startcode erstellt und alle zum Kompilieren erforderlichen Tools heruntergeladen. Danach kann man  einfach „create-nes-game build“ ausführen, um das Spiel zu erstellen, und „create-nes-game run„, um einen Emulator zu starten. Es unterstützt sowohl C- als auch Assembler-Projekte und kann auch Tutorials wie Nerdy Nights und nes-starter-kit einrichten.

create-nes-game

8bit-ninja: Vielen Dank für das Interview.

Sarah: Es war mir ein Vergnügen

XBox Review: Match Village im Test

Village Match

Wenn es eine geometrische Form in Videospielen gibt, die mitunter etwas respekteinflößend sein kann, dürfte das wohl das Hexagon sein. Schließlich sind seit jeher aus sechseckigen Kacheln bestehende Landschaften oft die Basis für hochkomplexe, rundenbasierte Strategiespiele oder detailverliebte Schlachtensimulationen mit umfangreichem Regelwerk. Match Village, für dessen Xbox Version mir der brasilianische Publisher QByte Interactive freundlicherweise einen Code überlassen hat, schickt sich nun an, dieses zu ändern. Dementsprechend sympathisch ist die kleine Einblendung beim erstmaligen Starten von Match Village, dass es sich um das Werk eines einzelnen Entwicklers handelt und man demzufolge keinen AAA-Titel erwarten soll, sondern vielmehr eine entspannende und durchaus spaßige Erfahrung, bevor man unmittelbar in das Spiel entlassen wird. Tatsächlich macht das Erschließen der Mechaniken durchaus einen Teil des Reizes aus, wobei sich das Spielprinzip offen an bekannten Konzepten und Titeln wie Islanders, Dorfromantik, Threes und Match 3 Puzzlern orientiert. Dennoch wäre vor allem für Einsteiger ein Einleitung in Form eines Tutorials sinnvoll, anstatt ausschließlich auf die Nützlichkeit der nicht immer deutlichen grafischen Bedienoberfläche zu vertrauen, zumal bei Match Village mehrere Elemente der genannten Spiele ineinandergreifen: Ohne Zeitdruck gilt es auf einer überschaubaren, zufallsgenerierten Insel, Gebäude und Nutzflächen aus einem gemischten Stapel so auf geeigneten Untergründen zu positionieren, dass sie sich gegenseitig positiv beeinflussen und damit den Punktestand in die Höhe treiben. Grenzen drei gleichartige Bestandteile der Siedlung aneinander, werden diese nicht nur in hochgestufter Form zu einem einzigen Feld zusammengefasst, das so wieder wertvolles Bauland freigibt, sondern es wandern auch weitere Ressourcen in den Kartenstapel. Denn ist dieser erst einmal aufgebraucht, heißt es Game Over, während das Überschreiten einer gewissen Punkteschwelle ein neues Eiland zur Erschließung bereitstellt. Zusätzliche Upgrade-Regeln und weitere Bebauungsoptionen je Insel bereichern dann den ausgangsoffenen Spielverlauf, der abgesehen von der Highscore-Liste keine konkreten Zielvorgaben hat.

Village Match

Dieses grundsolide, von mobilen Plattformen gewohnt überschaubare Spieldesign steht auch der Konsole gut zu Gesicht, auch wenn es eine ganze Reihe an kleineren Kritikpunkten gibt. So geht die cursor-getriebene Steuerung mit der Möglichkeit, die Ansicht zu zoomen und zu drehen, eigentlich gut von der Hand, da jedoch die Rotation- und Vergrößerungsachse stets fest im Mittelpunkt der Insel liegt, sind einige Randgebiete etwas umständlich zu erreichen, was umso ärgerlicher ist, als dass das Steuerkreuz komplett ungenutzt bleibt. Auch im Fotomodus, der lediglich die Bedienelemente ausblendet, gibt es keine weiteren Möglichkeiten, durch Kippen oder Verschieben die idyllischen Ortschaften zielgenau in Augenschein zu nehmen, wobei die Präsentation insgesamt recht spartanisch ausgefallen ist. Grundsätzlich mag ich gerade in letzter Zeit den hochaufgelösten, texturlosen Low-Poly Look einiger Indie-Spiele, der auch gut zur Diorama-Ästhetik von Match Village passt, im konkreten Fall vermisse ich jedoch etwas mehr Flair. Einzelne Gebäude wie Wind- oder Wassermühlen sind zwar mit sich drehenden Rädern entsprechend animiert, insgesamt erscheint das Szenario aber arg statisch. Etwas mehr gezielt platzierte Bewegung, beispielsweise in Form von glitzerndem Wellengang,  sich im Wind wiegenden Weizenfelder oder vereinzelte kleine Wildtiere, die durch die Landschaft huschen, hätten den ersehnten Wuselfaktor deutlich erhöhen können. Durch die stilisierte Grafik fällt es darüber hinaus etwas schwer, einzelne Kartentypen voneinander zu unterscheiden: Ist die grün-gestreifte Fläche nun eine Weide oder doch ein Seegraswiese, und ist das zu platzierende Haus wirklich von der gleichen Art wie die zwei bereits vorhandenen? Gerade bei den Gebäuden kam es so anfänglich mehr als einmal vor, dass eine geplante Dreier-Kombo geplatzt ist, auch wenn das Interface mit Hervorhebungen und Umrandungen sein bestes tut, um Hilfestellung zu geben. Der Sound ist mit der Beschränkung auf das sanfte Rauschen des Windes ebenfalls sehr minimalistisch ausgefallen. Dazu gesellt sich noch die eine oder andere technische Unstimmigkeit, beispielsweise wenn im Pause-Bildschirm die Menüpunkte wortwörtlich aus der Reihe tanzen oder Elemente wie der Kartenstapel nicht sofort angezeigt werden. Zum Glück scheint Village Match permanent zu speichern, so dass man bei ob nun beabsichtigten oder unbeabsichtigten Neustart den Aufbau des Dorfs quasi jederzeit nahtlos fortsetzen kann.

Vom Spieldesign hat Match Village sicherlich die selbstgesetzten Ziele anstandslos erreicht. Die stressfreie Kombination aus Puzzlespiel und friedlichem Städtebaukasten für zwischenndurch spielt sich angenehm entspannt, profitiert von der ruhigen Atmosphäre des ländlichen Settings und ist ein Beleg dafür, das der Begriff „casual“ nicht zwingend negativ belegt sein muss. Angesichts des günstigen Preis von 5 EUR muss man vielleicht auch über die biedere Darbietung, den letztlich simplen Inhalt und die etwas holprige Bedienung hinwegsehen. Zumindest aber ein Patch, der kleinere Bugs behebt, wäre begrüßenswert.