Gamescom 2012

Nach den etwas ernüchternden Erlebnissen auf der Gamescom 2011 hatte ich mir eigentlich vorgenommen, die Spielemesse dieses Jahr auszulassen. Schlussendlich ließ ich mich nach dem Erhalt einer Einladung für den Fachbesuchertag dann aber doch zu einer Reise nach Köln hinreißen und war zunächst verwundert, dass immer noch erstaunlich viele goodiegeile Kiddies unterwegs waren. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass vielen Bloggern und „FakePress“ die Akkreditierung zwecks Wahrung des Fachbesuchercharakters für diesen Tag verwehrt wurde, entbehrte dieses nicht einer gewissen Ironie. Dennoch waren naturgemäß auch ohne VIP-Pass Besucherandrang und Wartezeiten erheblich geringer, was mich jedoch nicht davor schützte, wie anscheinend jedes Jahr über eine Stunde für die (nicht selbst spielbare) Präsentation eines Mega-Hype-Titels anzustehen und anschließend der verplemperten Zeit nachzutrauern. 2012 traf es the last of us, das nach Warteschlange und Wartebereich in einem winzigen Kabuff jeweils einer Zwölfergruppe „vorgespielt“ wurde. Mein Tipp: Den (inhaltlich nahezu identischen) E3 Trailer von the last of us ansehen und die Zeit lieber dafür nutzen, am Sony-Stand Spiele wie God of War: Ascension anzutesten, dessen Single-Player Modus mit gewohnt brachialer Bombastpräsentation und netter Zeit-Einfrier-Funktion daherkommt, während der Multiplayerpart zwar ähnlich gute Spielbarkeit, aber ein etwas merkwürdiges Regelsystem aufweist. Insgesamt war das Sony Lineup aber gefühlt etwas schwächer als die letzten Jahre, wobei der japanische Konsolenhersteller im Gegensatz zur Konkurrenz zumindest durch Anwesenheit glänzte – Microsoft und Nintendo erteilten der Gamescom 2012 bekanntermaßen eine Absage. Am Stand des Xbox-Konzerns hatte ich die letzten Jahre zwar (warum auch immer) relativ wenig Zeit verbracht, das klinische Weiß der nintendoischen Zahnarztpraxis Ausstellfläche wurde dagegen durchaus vermisst. Denn zusammen mit dem selbst bei Sony mickrigen Playstation-Vita Aufgebot waren die klassischen Handhelds zumindest in meiner Wahrnehmung auf der Messe so gut wie nicht existent. Lediglich das auf meiner Liste stehende Castlevania: Lords of Shadow – Mirror of Fate konnte als einer der wenigen großen kommenden 3DS-Titel in einem prominent präsentierten Bereich angespielt werden, machte einen guten Eindruck und überzeugte mit einigen netten 3D Effekten. Negativ fiel dagegen der überraschend große Stand von GREE auf, die in Japan eine große Nummer im Bereich mobile-social-IOS-free-to-play-micro-payment-gaming sind. Nicht nur, dass die Marke Metal Slug auf iPad und Co in einem Spiel mit Farmville-ähnlichem Management und unsteuerbaren Action-Passagen Verwendung fand, mir wurde auf Apples Tablet auch ein Trading-Card Game präsentiert, dass sich wortwörtlich VON SELBER SPIELTE!!!
Der Tabletcontroller der Wii U wiederum konnte dank des Start-Lineups von Ubi-Soft auch ohne die Anwesenheit von Nintendo angetestet werden. Beim unterhaltsamen Anzocken von Zombi U wurde ich jedoch nicht wirklich warm mit dem Steuergerät. Obwohl das Wii U Gamepad recht gut in der Hand liegt, empfand ich die Analogsticks, Schultertasten und Knöpfe ungewohnt weit auseinanderliegend, und den Zwang, die Umgebung per Scanner nach Items abzusuchen, schon bei Resident Evil: Relevations als Zumutung. Das Umschauen mittels Tablet präsentierte sich ähnlich wie die Inventarverwaltung eher als Gimmick-Feature denn als tatsächliche neue Dimension des Spielspaß.

Während die Proberunden bei Dead or Alive 5, Metal Gear Rising: Revengance, One Piece Pirate Warriors und selbst das etwas unausgewogene Kampfsystem der DC-Superhelden Prügelei Injustice: Gods among us durchaus Freude bereiteten, blieb leider der puren Größe der Veranstaltung geschuldet keine Zeit, um sich in die Warteschlangen vor einer Vielzahl anderer interessanter und heißbegehrter Titel wie Tomb Raider oder Xcom einzureihen.
Stattdessen jedoch waren in bester Tradition der letzten Jahre auch die Besuche einiger Stände abseits der großen Blockbustertitel lohnenswert: der Diablo-Klon van Helsing sah vielversprechend aus und der Comic-Prügler Sacred Citadel – ein kleiner Downloadhappen im Sacred-Universum – weckte beste Brawler-Erinnerungen an Golden Axe.
Persönliches, heimliches Highlight der diesjährigen Gamescom war aber (zu meiner eigenen Überraschnung) gameglobe, quasi ein browserbasiertes free-to-play Little Big Planet für Actionadventure. Während eines Vortrags wurde in nur knapp 10 Minuten ein charmant kuffiges und grafisch durchaus ansehnliches Level zusammengeklöppelt, dass spielerisch an die Lego-Titel erinnerte.

Somit überzeugte mich die Gamescom 2012 zwar nicht vollends von einem zwingenden Besuch im nächsten Jahr, stimmte mich aber zumindest in Bezug auf die letztjährige Veranstaltung versöhnlich.

2 Kommentare zu 'Gamescom 2012'

  1. Lara sagt:

    Diese kostenlosen Games sind tatsächlich im Kommen. Es lässt sich aber auch viel Umsatz damit machen, weil die Leute gerne kurz zwischendurch zocken und zwar immer ältere Leute und die kann man dann auf anderen Wegen ums Geld erleichtern.

  2. Phinphin sagt:

    „wie anscheinend jedes Jahr über eine Stunde für die (nicht selbst spielbare) Präsentation eines Mega-Hype-Titels anzustehen“

    Schön zu sehen, dass ich nicht der einzige bin. Selbst wenn man es anspielen kann, stehen einem nur ein paar Minuten dafür zur Verfügung.

    Die Krönung war letztes Jahr, als wir 2 Stunden vor SWTOR anstanden, und wir uns dann erst einmal 50 Minuten lang Werbevideos anschauen mussten, um dann ein paar Minuten zu spielen.
    Und wenn dann noch ein Biowaremitarbeiter vor einem steht und auf jede Frage zu den Werbevideos mit „das darf ich nicht verraten“ antwortet, kommt man sich vollends verschaukelt vor.
    Man wird nicht als Fan angesehen, sondern als potenzieller (und dummer) Käufer.

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