Meeeeh! Müsste ich die Gamescom 2013 mit einem einzigen Nicht-Wort beschreiben, dürfte es wohl eben diese sei. Das soll nicht heißen, dass der Messebesuch enttäuschend oder gar schlecht gewesen sei, es fehlte schlicht die Begeisterung und der „Zauber“. Dabei standen die Chancen am Fachbesuchertag, an dem erneut unglaublich viele „ich-habe-3-lets-play-videos-auf-youtube-kiddies“ (oder eben Verfasser irrelevanter Videospieleblog) anwesend waren, mehr als günstig:
So wurde erstmals A-Prominenz in Form des bekannten, wenn auch mit zweifelhaftem Leumund geschlagenen Entwicklers Suda Goichi gesichtet, und selten konnten so viele Spiele und Hardware wie auf der diesjährigen Gamescom angetestet werden, darunter auch die heißerwarteten neuen Konsolen Xbox One und Playstation 4. Auf dem Showfloor durch wenige Starttitel vertreten und zumindest bei Sony hinter einer ellenlangen Warteschlange versteckt, bestätigte sich das bereits Eingangs beschriebene Gefühl: Die Spiele sind nett und die neue Technik schön und gut, wird aber wohl vorrangig dazu genutzt, altbekannte Konzepte in etwas hübschere Grafik zu verpacken, die mit aktuellen Highend-PC mithalten kann. Auf bahnbrechende Quantensprünge und vor staunen offene Münder wie noch einige Hardwaregenrationen zuvor hofft man also vergebens. Meeeeh(r) vom Gleichen dürfe auch auf Batman: Arkham Origin zutreffen, dass sich beim Antesten praktisch identisch zu Batman: Arkham City spielt. Der PS Vita Ableger Batman: Arkham Origin Blackgate steuerte sich dagegen recht merkwürdig. Insgesamt waren die mobilen Geräte, seien es echte Handhelds wie PS Vita und 3DS oder Handys / Tablets, weitaus weniger präsent als noch in den letzten Jahren. Eigentlich schade, fanden sich auf diesen Geräten nicht selten interessante und spaßige kleinere Titel. Aber selbst das bereits erschienene Soul Sacrifice und das auf dem Papier mit interessanten Features gespiekte Papercraft-Abenteuer Tearaway erzeugte ausschließlich Gleichgültigkeit beim Anzocken. Auch der Nintendostand überraschte weniger mit unerwartetem Handheld-Futter oder neuem Wind für eingesessenen Serien als vielmehr einer im Vergleich zum Vorjahr deutlich verkleinerten Fläche, ebenso wie Konami, die in der Entertainment Area nichts zu Metal Gear 5: Phantom Pain zeigten und stattdessen auf PES 2014 und eine HD Umsetzung des 3DS Castlevania setzten.
Der Preis für den bombastischten Stand dürfte dagegen an Electronic Arts gehen, der an Standfläche, Dubstep-Läutstärke und Mechgröße kaum zu übertreffen war. Und zugegebenermaßen hat sich das Einreihen in die Titanfall-Schlange durchaus gelohnt, konnte hier doch nach einem kurzen Trailer tatsächlich Hand an die gutaussehende PC-Version in einem Multiplayer-Match gelegt werden, dass trotz mangelnder Skills bei kompetitiven Shootern durchaus Spaß gemacht hat. Gleiches galt für Ninja Gaiden Yaiba Z, dessen Ersteindruck im Vergleich zum ähnlich gelagerten Schnetzler killer is dead vom anfangs erwähltem Suda51 etwas besser ausfiel. Die Ninja-Neben-Neben-Story schien zwar nicht den fordernden Schwierigkeitsgrad der Ninja Gaiden Serie und eines meiner Lieblings original Xbox Spiele zu haben, wusste aber mit wuchtigen Kampfmanövern und wortwörtlich schlüpfriger Inszenierung zu gefallen.
Unerwartet kalt gelassen hat mich dagegen eine Sightseeing-Runde im Mech-Spiel Hawken auf der mit Lobpreisungen überhäuften Virtual-Reality Hardware Oculus Rift. Natürlich war das Umsehen im 3D-Cockpit per Headtracking recht nett, aber nach all den enthusiastischen Berichten hatte ich mich eben auf eine herunterklappende Kinnlade und nicht auf eine – so merkwürdig das auch klingen mag – verbesserte Version des vom 3DS bekannten Effekts der räumlichen Darstellung eingestellt. Witzigerweise wurde direkt anschließend in der Retro-Ecke Hand an einen Virtual Boy gelegt, der tatsächlich mit unerwartet scharfem Bild und solidem 3D Effekt verblüffte und kurzzeitig den Gedanken hervorrief, ein solches Gerät in die eigene Retrosammlung aufzunehmen.
Und natürlich trumpfte die Messe auch mit einigen weiteren Überraschungen auf: In der leider recht kleinen IndieArea konnte neben anderen interessanten Entwicklungen das überaus liebevoll gestaltete und bereits bemerkenswert poliert wirkende Actionadventure The Last Tinker: City of Colors bestaunt werden, das an meinen Vorjahresliebling gameglobe erinnerde Project Spark erscheint auch auf der Xbox360, Daedalic Entertainment arbeitet mit Blackgards an einem interessanten rundenbarsiertem Taktik-RPG, Splintercell Blacklist scheint trotz actionreicher E3 Trailer knackige Schleichpassagen zu bieten und der Xbox One Download-Starttitel Loco Cycle wäre technisch wohl auch auf der ersten Xbox machbar gewesen und selbst dort kein gutes Spiel geworden.
Warum sich trotz all dieser weitestgehend positiven Eindrücke keine Euphorie eingestellt hat ist schwer auszumachen. Vermutlich lag es einfach an einer zu hohen Erwartungshaltung, sowohl an die Technik von Xbox One, Playstation 4 und Oculus Rift als auch an Spielidee-Inovationen bei den Mainstream-Titeln.