blasphemous rumours: Videospiele und Religion

Nicht erst die Diskussionen und Berichte nach den schrecklichen Anschlägen von Paris haben gezeigt, dass der Umgang mit religiösen Befindlichkeiten in (Unterhaltungs)Medien ein heikles Thema ist. Während Satiremagazine im Rahmen der Meinungsfreiheit provozieren wollen und sollen, ist es an anderer Stelle oftmals angebracht, niemanden in bezug auf Glaubensfragen zu brüskieren. Auch Videospiele stellen hier keine Ausnahme dar, wollen zudem doch üblicherweise keine potentiellen Käufer verprellt werden.

Vor allem japanischen Entwicklern sind seit jeher nicht aus dem eigenen Land stammende Sprache, Mythen und Kulturen willkommene Inspirationsquellen, und so werden gerne einmal religiöse Motive aufgegriffen, wie die Engelsjagd in Bayonetta oder diverse theologische Referenzen der Final Fantasy Reihe in Form von beschwörten Gottheiten oder Plot-Twists zeigen. Üblicherweise wird hier eine gewisse Distanz gewahrt, was zu 8 und 16-Bit Zeiten Nintendo of America nicht davon abhielt, in ihren Richtlinien für eine Veröffentlichung in den Vereinigten Staaten neben Nacktheit und Gewalt auch die Darstellung religiöser Symbole zu beanstanden[1]. Für den US-Release des NES-Spiels Ducktales wurden beispielsweise mit dem Christentum in Verbindung gebrachte Kreuze auf Grabsteinen durch den Schriftzug „RIP“ ersetzt. Auch SuperCastlevania IV[2] nutzte in der ursprünglichen Fassung das Kreuz auf Grabsteinen oder Särgen zur Erzeugung einer gothischen Stimmung, was eine Vielzahl an kleinen Änderungen im Intro, Passwortbildschirm und Hintergrundelementen der nicht-japanischen Version nach sich zog. Selbst das rote Kreuz vor dem Schriftzug „Hospital“ im NES-Rollenspiel Mother 2 wurde beim außerhalb Japans Earthbound genannten Spiel entfernt.

Nintendos Politik hatte zudem Einfluss textueller Natur. Beispielsweise wurde bei der eingangs erwähnten Final Fantasy Reihe der der Heilzauber Holy in Pearl beziehungsweise White und der Tower of Prayers aus FF IV in Tower of Wishes umbenannt. Und selbst wenn der englische Untertitel „a link to the past“ ein überaus gelungenes Wortspiel darstellt, müsste der ursprüngliche Name des dritten Legend of Zelda Abenteuers doch eher mit „Triforce of the gods“ übersetzt werden.

Während diese religiös beladenen Versatzstücke zumindest im Original erhalten blieben, sind vor allem in jüngerer Zeit Kontroversen aufgetaucht, die weitaus umfassendere Auswirkungen auf die betreffenden Spiele hatten.

Aus Tekken Tag Tournament 2 wurde eine Bodentextur, die das arabische Wort für Allah enthielt, entfernt, nachdem Produzent Katsuhiro Harada darüber informiert wurde, dass das wortwörtliche Treten des Namen Gottes mit Füßen im arabischen Raum als Affront gelten könnte. Ebenfalls als den Islam beleidigend aufgefasst wurden die choralen Gesänge in der musikalischen Untermalung des XBOX Beat’em up Kakuto Chojin[3], die Zeilen des Koran zitierten. In Anschluss an einen offiziellen Protest des Staates Saudi Arabien sah sich Microsoft wenige Monate nach der Veröffentlichung gezwungen, das mittelprächtige Prügelspiel weltweit zurückzurufen. Ähnliche Bezüge zum Islam in Form von Koranversen fanden sich auch in den frühen Soundtracks von Little Big Planet für die Playstation 3, Zack und Wiki: Der Schatz von Barbaros auf der Wii oder dem N64 Modul The Legend of Zelda: Ocarina of Time, und wurden dort in spätere Versionen ebenfalls entfernt. Während beim Sony-Spiel relativ direkt die Rückruf-Aktionen bereits in Umlauf gebrauchter Kopien und Verschiebungen des EU-Verkaufstarts mit der Reaktion auf von Moslems als möglicherweise unangebracht erachteter Inhalte begründet wurde, gab es beim Nintendo-Produkt keine direkte Verlautbarung, warum ab Version 1.2 die Musik des Feuertempels, die Samples eines islamischen Gebets enthielt, durch ein reines Instrumentalstück ersetzt wurde.

All diese Beispiele betrafen eher kleinere ästhetische oder akustische Details ohne wirklich essentiellen Anteil an der Spielerfahrung. Eine erheblich zentralere Rolle spielen religiöse Figuren dagegen in aktuell immer noch populären Onlinespiel Smite, das verschiedene Gottheiten gegeneinander antreten lässt. Entwickler Hi-Rez Studios griff hierfür zwar vorrangig auf vergangene Kulturen mit Religionen ohne aktive Anhängerschaft wie die altägyptische Götterwelt zurück, nimmt mit Kali, Agni oder Rama aber auch Anleihen beim Hinduismus, der drittgrößten Weltreligion. Rajan Zed, Präsident der Universal Society of Hinduism, sah in der direkten Kontrolle der fraglichen Charaktere seinen Glauben herabgewürdigt und trivialisiert und forderte deren Entfernung aus dem Spiel, dem die Macher des MOBAs bislang zwar nicht nachkamen, zumindest aber Kali ein etwas züchtigeres Outfit verpassten[4].

Da in der Regel davon auszugehen ist, dass hinter diesen Fällen weder aktive Provokationen noch politische Statements, sondern vielmehr nicht berücksichtigte beziehungsweise unterschätzte kulturelle Gegebenheiten stehen, bleibt auch in Zukunft zu hoffen, dass jenseits von Zensur-Vorwürfen oder Anschuldigungen der Gotteslästerung stets ein sowohl freiheitlich als auch respektvolle Lösung gefunden wird.


1. http://www.jjmccullough.com/Nintendo.php
2. https://tcrf.net/Super_Castlevania_IV
3. http://en.wikipedia.org/wiki/Kakuto_Chojin:_Back_Alley_Brutal#Controversy
4. http://en.wikipedia.org/wiki/Smite_(video_game)#Depiction_of_Hindu_gods

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